Kraftwerke bedrohen Ökosystem Isel
Der internationale Strompoker bedroht die Isel. Er hat an ihren Zuflüssen schon begonnen (Islitz, Schwarzach) und will weitere Eingriffe setzen. Vor allem Pumpspeicherkraftwerke der TIWAG wie das Projekt Raneburg-Matrei oder eine Variante im Frosnitztal bzw. Landecktal hätten auch unterhalb weitgehende Auswirkungen. Aber auch Ausleitungskraftwerke in ihrem Einzugsbereich wie das Tauernbachprojekt der TIWAG blieben nicht ohne nachteilige Folgen.
Gletscherflüsse sind empfindliche Ökosysteme.
Die bestimmenden Umstände sind das Abflussgeschehen, der Geschiebe- und der Sedimenthaushalt. Alles Leben im Fluss bzw. in der Auenzone wird von diesen eng miteinander verknüpften Einflüssen bestimmt: Ändert man einen Faktor, ändert sich das gesamte Ökosystem.
Insgesamt wirken sich Kraftwerke nicht nur dort aus, wo sie gebaut werden, sondern auch weit flussabwärts.
Ein ganz neuer Anschlag auf die Isel - diesmal im Virgental - wird im März 2011 bekannt: Das Projekt "Wasserkraftwerk Virgental". Wie stromwirtschaftlich unsinnig dieses Vorhaben (wie auch das TIWAG-Projekt Tauernbach) wäre, erläutern wir in unserem Weblog-Beitrag "Die Wasserkraft-Lüge". Den wahren Grund für solch widersinnige Wasserkraftwerksvorhaben verriet Tirols Energie-Landesrat Steixner: Die Bäche sollen den Gemeinden als Geldesel dienen.
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Ein (inzwischen aufgeschobenes) Speicherkraftwerk am Tauernbach oder in der Froßnitz würde nicht nur den Tauernbach selbst, sondern auch die Charakteristik der gletschergeprägten Isel und ihre Lebensgemeinschaften sowie das Natura 2000-Gebiet „Obere Drau“ weitgehend beeinträchtigen.
Kulturland oder Speicherraum? Seit vielen Jahrhunderten Dauersiedlungsraum und noch jetzt als regelmäßig betreutes Kulturland genützt: Das Tauerntal in genau jenem Bereich, der durch den projektierten Speicher Raneburg in Schlamm und Schutt versänke. Von hier aus begännen dann auch ernste Probleme für die Isel
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Wie Talspeicher in die Landschaft verändern, sehen wir an verschiedenen Beispielen. Zu Zeiten, wo der Speicher Durlassboden noch einer Mondlandschaft gleicht, ist das Tauerntal voller Leben.
Pumpspeicher (wie von der TIWAG in Raneburg geplant) dienen in erster Linie der Gewinnerhöhung der Stromkonzerne: Sie verwenden vor allem billigen Atom- und Kohlestrom, um unter dreißigprozentigem Energieverlust (!) teurer verkaufbaren Spitzenstrom für die Strombörse zu erzeugen.
Der Tauernbach wäre nur mehr ein Schatten seiner selbst. Auch seine Durchgängigkeit für Wasserlebewesen ginge verloren, ohnehin schon eine ausgesprochene Rarität in Gewässersystemen.
Er wäre ökologisch stark geschädigt; dies ist (neben anderen Nachteilen) auch im landeseigenen Synthesebericht auf Seite 66 festgehalten.
Alternativ zu Raneburg wurde ein Pumpspeicher auf den Almen des Froßnitztales genannt. Er sähe nicht schöner aus, müsste unter noch größeren Stromverlusten gefüllt werden, läge außerdem im Nationalpark Hohe Tauern und würde zudem noch den Grundbesitz des Oesterreichischen Alpenvereins berühren.
Die jüngste Kraftwerksvariante der TIWAG-Planer sieht das Landecktal als Pumpspeicherraum vor. Da dessen Abfluss schon die Österreichischen Bundesbahnen nützen, müsste nahezu das gesamte Wasser zu seiner Füllung von unten aus dem Tauernbach heraufgepumpt werden. Auch dieses Tal wäre zu schade, um ertränkt zu werden und zum Reinwaschen von besonders viel schmutzigem Atom- und Kohlestrom zu dienen.
Jeder dieser Speicher hielte Sommerwasser zurück und gäbe es im Winter zusätzlich an die Isel ab – mit allen nachteiligen Folgen für diese.
Auch ein „bloßes“ Ausleitungskraftwerk Tauernbach mit Schwellbetrieb als erste Baustufe des Systems Tauernbach-Landeck hätte gravierende Auswirkungen.
Zu den Schäden durch Schwall und Sunk kommt nämlich noch die Sediment- und Geschiebebelastung bei Speicherräumungen.
Der Tauernbach brächte ungleich größere Mengen an Geschiebe und Sedimenten in den Ausleitungsspeicher als z.B. die Drau. Diese Feststoffmengen könnten allein aus Kosten- und Platzgründen nicht deponiert werden, sondern würden immer wieder durch Spülungen abgeleitet, wodurch Tauernbach und Isel noch viel stärker in Mitleidenschaft gezogen würden als derzeit schon die Drau.
Die TIWAG zitiert das Draukraftwerk Strassen-Amlach ausdrücklich als Beispiel für ein Ausleitungskraftwerk am Tauernbach. Ein solches Werk am Tauernbach hätte noch wesentlich schlimmere Folgen als jenes an der Drau - nicht nur für den Tauernbach selbst, sondern auch für die von ihm gespeiste Isel.
Die Isel besitzt als Gletscherfluss einen typischen Sedimenthaushalt: In drei Sommermonaten fließt drei Viertel ihrer Jahres- wassermenge ab. Während dieser „Hochwasserzeit“ trägt die Isel große Mengen an Gletscherschliff mit; ihr Wasser ist durch diesen feinen Gesteinsstaub gelblichgrau gefärbt („Gletschermilch“).
In den langen Niederwasserperioden in Herbst, Winter und Frühjahr - die nur von niederschlagsbedingten Hochwässern unterbrochen werden - führt die Isel Klarwasser ohne Feinsedimente.
Bitte genau hinsehen (Bild anklicken!): Hunderte Köcherfliegenlarven in der Isel.
Solche Bilder wären künftig nicht mehr möglich. Ein Speicher hielte die Feinsedimente zurück und gäbe sie verstärkt in derzeitigen Klarwasserzeiten (Herbst, Winter, Frühjahr) ab.
Eine starke Trübung des Wassers während der Fortpflanzungszeit der Fische wäre eine Folge, eine weitere, noch schlimmere Auswirkung die Verschlammung des Gewässerbodens.
Auf und in diesem leben viele Kleinorganismen, von denen sich wiederum andere Tiere ernähren, darunter auch viele Jungfische. Das Verkleben der Kieslücken lässt ein Gewässer veröden.
Die Drau zeigt uns unterhalb ihres Ausleitungsbereiches für das TIWAG-Kraftwerk Strassen-Amlach bereits deutlich diese Verschlammung des Gewässerbodens durch Ablagerung von Feinsedimenten („Kolmatierung“).
Das Leben im Wasser leidet schwer unter dem raschen Anstieg des Wassers und dem nachfolgenden schnellen Trockenfallen flacher Gewässerbereiche.
Pumpspeicherkraftwerke lassen im Betrieb Wasser schwallartig abfließen. Die Wasserführung der Isel nähme plötzlich zu („Schwall“) und dann rasch wieder ab („Sunk“).
Dies wirkt sich in der Niederwasserzeit vor allem auf Kleinlebewesen, Jungfische und Fischlaich stark nachteilig aus. Viele Tierarten werden stark beeinträchtigt und mache sterben aus.
Ein Hauptfluss Osttirols – die Drau – ist schon einem TIWAG-Kraftwerk zum Opfer gefallen. Überall an ihr stehen solche Tafeln, um Menschen zu warnen. Dem Leben im Wasser nützen sie nicht.
Während der Hochwasserphasen kommt es zu einem verstärkten Geschiebetrieb (Transport von Geröll) in Fliess- gewässern.
Das Flussbett wird durch die großen Wassermengen und durch die transportierten Geröllmassen stark verändert:
Uferteile und Inseln werden weggerissen und an anderer Stelle wieder angelagert.
Durch die geringere Sommerwasserführung ginge der Geschiebetransport in der Isel stark zurück: der Fluss verlöre seine formende Kraft, seine Dynamik.
In der Drau besteht bereits – mitverursacht durch deren Ausleitung für das TIWAG-Kraftwerk Strassen-Amlach – ein ausgesprochener Geschiebemangel. Die Flusssohle tieft sich dadurch immer stärker ein. Durch einen Speicher im Einzugsgebiet der Isel würde noch weniger Geschiebe in die Drau transportiert und die Eintiefungsproblematik erhöht werden.
Sämlinge der Deutschen Tamariske können nur auf frischen, noch unbeschatteten Schotterflächen aufkommen. Auch andere seltene Arten wie Flussuferläufer, Koppe, Fledermausschwärmer oder Sandlaufkäfer könnten verschwinden.
Durch die fehlende Flussdynamik gingen die Lebensräume vieler Kostbarkeiten verloren, für deren Existenz diese ständige Veränderung des Flussbettes die Voraussetzung ist.
Auch die Alpenschwemmlingsfluren gehören zu diesen bedrohten Lebensräumen, die in Mitteleuropa nahezu verschwunden sind. Hier finden sich Hochgebirgspflanzen, welche auf den frischen, noch unbewachsenen Schotterbänken des Flusses ähnliche Lebensbedingungen antreffen wie in ihrer hochalpinen Heimat. Das Alpenleinkraut ist einer ihrer buntesten Vertreter.
Die Isel ist ein überaus wertvoller und beliebter Erlebnis- und Erholungsraum. Laut Umfragen haben naturnahe Flüsse einen besonders hohen Erholungswert. Der Erholungswert der Isel würde, vor allem durch den deutlich niedrigeren Sommerwasserstand, erheblich beeinträchtigt.
Mit mehr als 170 Wasserkraftwerken leistet Osttirol bereits seine Schuldigkeit für die Stromerzeugung. Mit dem Draukraftwerk Strassen-Amlach hat Osttirol schon einen seiner beiden Hauptflüsse für die Stromerzeugung geopfert. Unser Bezirk ist auch für Tirol beispielgebend in der Verwendung anderer heimischer und nachhaltiger Energieformen wie z.B. der Biomasse (z.B. Stadtwärme Lienz) oder Solarenergie.
Die Isel ist zu schade als Opfer eines nationalen und internationalen Strombasars (oder als bloßer Geldesel für Gemeindekassen); sie muss als österreichischer und alpenweiter Gletscher- und Beispielsfluss ungeschmälert erhalten bleiben!