Provokation für Naturschutz, Bürger, Wissenschaft und Politik
Die gut informierte Tiroler Tageszeitung berichtet: "Kraftwerk Obere Isel geht doch in die Verlängerung" und analysiert diesen Schritt der Kraftwerksbetreiber mit deutlichen Worten.
Erinnern wir uns an die lange, wechsel- und z.T. schmerzvolle Vorgeschichte:
wie zu Beginn des Jahres 2012 nach einer Art Geheimplanung ein neues Kraftwerksprojekt an der oberen Isel auftauchte ...
wie auch Hinweise auf die Winterarmut der Gletscherbäche und die dadurch stromwirtschaftliche Fragwürdigkeit vor weiteren Kraftwerks-Planungen nicht Abstand nehmen ließ ...
wie den Bürgern im Virgental durch dieses Kraftwerk geradezu Milch und Honig versprochen wurde ...
wie die Bürgerinitiative gegen das Kraftwerk Virgental entstand ...
wie (und durch wen) wegen dieses Kraftwerksprojektes in der Bevölkerung des Virgentales Zwietracht und Streit gesät wurde ....
wie man für dieses Projekt sogar die Grenzen des Nationalparkes Hohe Tauern ändern wollte ...
wie man vor einer überfallsartig vorgezogenen Volksbefragung ein Feindbild Natura 2000 aufbaute ...
wie die Kraftwerksbetreiber nach langem Bemühen um einen potenten Partner sogar an die Wien-Energie herantraten, die später dann aber absagte ...
wie die "Iselfrauen" immer wieder öffentlich für die volle Erhaltung der Isel eintraten: mit öffentlichen Textlesungen, mit Isel-Kalender und offenen Briefen und für die Isel sogar in Brüssel vorsprachen ...
wie sich auch Kärnten gegen das Iselkraftwerk querlegte ...
wie das Land Tirol den Gemeinden Virgen und und Prägraten mitteilte, das Iselkraftwerk sei "nicht zur Weiterverfolgung empfohlen" und die Bürgermeister dann nochmals ausdrücklich warnte ...
wie wegen der von der EU geforderten Isel-Ausweisung für Natura 2000 eine regelrechte Hetz-Kampagne dagegen gefahren wurde, mit öfterem Tamarisken-Rupfen an der Isel (wie z.B. im Jahre 2013 oder dann im Frühherbst und Spätherbst 2014 ...
wie gegen eine Natura 2000-Ausweisung opponiert wurde, am Runden Tisch in Matrei mit nachfolgenden Querschüssen, am Runden Tisch in Kals mit anschließenden Unterstellungen und Verdrehungen, mit Horrorgeschichten wie schon seinerzeit über den Nationalpark Hohe Tauern, mit Riesengepolter der Bürgermeister samt Drohkulissen aus Schadenersatzklagen, Gerichtsverfahren und Volksbefragungen ...
.... bis schließlich trotz allem Getöse am 3. März 2015 die Tiroler Landesregierung beschloss, die gesamte Isel und einen Teil ihrer Zubringer für Natura 2000 zu nominieren und am 30. Juni 2015 vollzog.
Wer hinter dem Kraftwerksprojekt steckt:
Ursprünglich war es die Projektentwicklungsgesellschaft Infra, welche den Virgentaler Gemeinden mit Hilfe zweier Werbeagenturen Milch und Honig versprach. Diese Infra plante auch das Stanzertal-Kraftwerk, welches für das Virgental als Lehrbeispiel gelten könnte.
Die Infra ist inzwischen verschwunden.
Wie die mit den Gemeinden Virgen und Prägraten abgeschlossenen (z.T. geheimen) Verträge aussahen, umriss das Nachrichtenmagazin Echo.
Die nunmehrigen Verhältnisse der "Wasserkraft Obere Isel GmbH" (WKOI) mit handelnden Personen und Gesellschaftern verzeichnet das "FirmenABC"; dort sind auch Informationen über weitere Funktionen der handelnden Personen sowie Firmenverflechtungen zu finden.
Was hinter diesem neuen Anlauf der Kraftwerksbetreiber steckt,
lässt sich nur vermuten:
Es wird kaum anzunehmen sein, dass sich der nunmehrige Hälfteeigentümer ILF nicht über die rechtliche Situation, den Widerstand in der Bevölkerung und die Absage durch das Land informiert hat; es sind zwei andere Hintergründe denkbar:
Die beteiligten Gemeinden wollen ihren Bürgern zeigen, dass sie alles für die Realisierung versucht hätten, aber die Landesregierung (oder wer immer) hätte dies verunmöglicht und solle daher die bisher von den Gemeinden in das Projekt gesteckten und nunmehr verlorenen Kosten refundieren
oder sollte eine alte Idee des Bürgermeisters von Virgen aus dem Jahre 2011 wieder zum Tragen kommen: Lösegeld für die Isel - also Geld von der Allgemeinheit für den Nichtbau eines Kraftwerkes? ...
Was durch diesen neuen Vorstoß der Kraftwerksbetreiber in Frage gestellt werden kann:
die neue Perspektiven und eine Aufbruchsstimmung in der Region - unterstützt durch ein Förderprogramm für Natura 2000; seit 2016 werden dessen Mittel immer wieder genützt. Eine nicht amputierte Isel ist auch eine unbedingte Voraussetzung für den Iseltrail, dessen begonnene Umsetzung ihn bereits im Vorjahr Gestalt annehmen ließ und der als Alleinstellungsmerkmal Osttirols ein würdiges zentralalpines Gegenstück zum vielbesuchten nordalpinen Lechweg bilden wird.
Gefährdet wäre auch die gerade in Fließgewässern weltweit besonders bedrohte Artenvielfalt, zerstört der Ruf der Isel als letzter großer freifließender Alpenfluss Österreichs, als Beispielsfluss für die Wissenschaft und als Teil des großen europäischen Naturerbes Natura 2000.
Jedenfalls:
Eine Wiederaufnahme des Kraftwerksprojektes Obere Isel (Ausleitung der Isel im gesamten bewohnten Virgental) wird entschiedensten Widerstand nicht nur in Osttirol, sondern auch im übrigen Österreich und weit darüber hinaus hervorrufen
In diesem Sinne sprachen sich auch alle Initiativen bei der gestrigen Veranstaltung des WWF am Kalserbach aus:
Eine Ausleitung des Kalserbaches würde nicht nur dieses Flussheiligtum in Frage stellen, sondern zusammen mit anderen Kraftwerken an den Iselzubringern das Gesamtsystem Isel gefährden.
Die Tiroler Tageszeitung, die Kleine Zeitung und Radio Osttirol berichten hierzu ebenso ausführlicher wie Dolomitenstadt.