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Wie ein naturschutzrechtlicher Bescheid der Tiroler Landesregierung Naturzerstörung in der Nationalparkregion rechtfertigt

Nun ist er da, der Naturschutzbescheid der Tiroler Landesregierung für das Kraftwerksprojekt Dorferbach; die Nationalparkgemeinde Kals darf jetzt ihren Dorfbach ausleiten. Auch die TIWAG ist dabei.

Mit Staunen liest man im naturschutzrechtlichen Bescheid, wie die Naturschutzbehörde des Landes Tirol die Ausleitung eines Gletscherbaches in der Nationalparkregion, noch dazu entlang eines "Naturerlebnispfades", als Attraktion für Gäste dazustellen versucht.

Die Tiroler Naturschutzbehörde schrieb für diesen Kraftwerksbau nicht einmal naturschutzmäßige Ausgleichmaßnahmen vor; es fehlt auch der Auftrag für eine sonst durchaus übliche ökologische Begleitplanung.

Kursiver Text: Naturschutzrechtlicher Bescheid der Tiroler Landesregierung




Kals-Grossdorf mit Dorferbach Der aus dem seinerzeit umkämpften Kalser Dorfertal kommende Dorfer- oder Kalserbach ist landschaftsprägend. Gleich nach der Gratz-Brücke hinter Großdorf beginnt entlang des Dorferbaches der Naturerlebnispfad, den die Nationalparkverwaltung Hohe Tauern für Kinder und Eltern errichtet hat.
"Der Kalserbach prägt auch im Projektsgebiet das Erscheinungsbild des Talraumes."


Informationstafel Natur-Erlebnispfad Kals a.Gr. Am Beginn des "Natur-Erlebnispfades". Dieser Lehrweg führt über eine Reihe von Stationen (Spurensuche, Farbenspiele, genaues Schauen, Höhlenbewohner, Geräusche des Waldes, Vogelkarussel), an denen Kinder und Eltern – unterstützt durch eine zugehörige Broschüre – entsprechende Beobachtungen machen können.

Dieser "Natur-Erlebnispfad" wurde mit Mitteln des Umweltministeriums und des Landes Tirol sowie der Europäischen Union errichtet.


Kalser Dorferbach am Natur-Erlebnisweg Dorferbach am Beginn des Natur-Erlebnispfades (auch "Mühlenweg" oder "Eulenweg")

"Naturnahe Gewässer zählen zu den hochrangigsten Landschaftselementen, also Schlüsselelementen des Landschaftsbildes"




Informatonskanzel Aussichtskanzel am Dorferbach

„Vom gegenständlichen Vorhaben sind sämtliche Schutzgüter des TNSchG 2005 (Tiroler Naturschutzgesetz 2005) betroffen. Es lassen sich allerdings Unterschiede im Ausmaß ihrer Beeinträchtigung festmachen. Am stärksten sind das Landschaftsbild und der Erholungswert beeinträchtigt, da das Projekt in unmittelbarer Nähe des Naturerlebniswegs „Mühlenweg“ angelegt ist".




Noch fließt der Bach - wie lange noch? Schautafel "Der Gebirgsbach"

""Die gravierende Reduktion der Wasserführung über die Monate April, Mai, September und Oktober lässt die Urlandschaft „alpiner Wildbach“ nicht mehr als solchen erkennen und schmälert daher gerade in der wanderintensiven Zeit im Herbst das Naturerlebnis wesentlich.“




Dorferbach in Kals: nicht mehr lange Die Bedeutung "natürlich abfließender Gebirgsbäche" (Text der gegenwärtigen Schautafel) wiegt sogar in einer Nationalparkregion in Tirol noch immer gering.
Man wird den Text bald ändern müssen. Es sind ja (laut Naturschutzbescheid) neue Tafel geplant:


Am Mühlenweg - Natur-Erlebnisweg in Kals a.Gr. „Die Errichtung der Wasserkraftanlage soll für die Bevölkerung nicht verborgen bleiben. Der Mühlenweg wird nach Errichtung der Wasserkraftanlage mit entsprechenden bildlichen Darstellungen erweitert. Darauf wird der Bevölkerung die Funktionsweise der Ökostromanlage erklärt und die Leistungen der Kalser Gemeinde auf dem Gebiet des Naturschutzes und der Energieerzeugung dargestellt."


Stockmühle in Kals a. Gr. "Hier kann bereits auf die positive Resonanz der Kalser Urlauber auf die schon bestehenden Kleinwasserkraftwerke verwiesen werden. Die Besucher sind sich der Wichtigkeit der Energieerzeugung bewusst und bringen Bewunderung und nicht Befremdung zum Ausdruck.“

(demnach wird die Ableitung des allerletzten Baches in Kals den endgültigen Attraktions-Durchbruch bringen)



Natur-Erlebnisweg in Kals - bald weniger Natur? Ein vielleicht letzter Blick auf den Dorferbach vom Natur-Erlebnisweg; bald kann er anders aussehen - wie ein kurzes Stück weiter am andern Ufer schon deutlich wird.


Ausleitungsbereich des Dorferbaches in Kals a. Gr.
Hier nun, bei der Talstation des Gschlöss-Sesselliftes, soll etwa 50 m unterhalb der bestehenden Wasserentnahme für die Beschneiungsanlage (rechts) auf etwa 1468 m Meereshöhe der Dorferbach abgleitet und unterhalb des Ortskernes von Kals über die Turbinen geschickt werden.


Bagger, bereit zur Ausleitung des Dorferbaches in Kals Mit dieser naturschutzrechtlichen Bewilligung steht einem Baubeginn nun nichts mehr im Wege, da die wasser- und forstrechtliche Bewilligung schon am 08.01.2008 erteilt wurde.

Anmerkung: Der Landesumweltanwalt Tirols könnte im Verfahren gar keinen Einspruch erheben, weil ihm (als einzigem Umweltanwalt aller österreichischen Bundesländer!) der volle Instanzenzug verwehrt ist.




Ein letzter Blick auf den Dorferbach in Kals a.Gr. Tiroler Interessensabwägung:

Mit dem Blick auf das "Ziel des Klima- und Umweltschutzes", den " ständigen Stromverbrauchszuwachs", den "Durchbruch erneuerbarer Energien", die "volkswirtschaftlichen Wertschöpfung" sowie die "CO2 neutrale Energiegewinnung" kommt die Behörde nach Abwägung zum Schluss,

"dass die langfristigen öffentlichen Interessen an der Verwirklichung des gegenständlichen Vorhabens gegenüber den Interessen des Naturschutzes überwiegen."


Auch von anderen Bächen in Kals profitiert die TIWAG Auch die TIWAG profitiert. Sie hat für die Gemeinde Kals die Planung des Kraftwerksprojektes Dorferbach durchgeführt und wird den Strom beziehen.
Ob die Gemeinde Kals die entstandenen Planungskosten an die TIWAG entrichten muss (oder ob diese mit Stromlieferungen abbezahlt werden sollen, oder gutgeschrieben werden für eine allfällige Übernahme des Kraftwerkes durch die TIWAG selbst), wird wohl Geschäftsgeheimnis der TIWAG bleiben.


Abgeleitet mit dem Segen des Landes Tirol Mit dem Segen des Landes Tirol: Bachableitung in der Nationalparkregion.

Ein Präzedenzfall?

Mit solchen "Interessensabwägungen" unsere Landschaft bis auf das letzte Rinnsal plündern?


St. Georg in Kals, Liftstation Ischgl, Kitzbühel, Saalbach - nehmt euch in Acht:

In Kals besteht "der Wille zur Wandlung von einem traditionellen Bergsteigerdorf zu einem technisierten Tourismusort (vgl. auch Schigebietszusammenschluss Kals-Matrei)"

- so befindet wenigstens der naturschutzrechtliche Bescheid des Landes Tirol.


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Auch anderswo in Osttirol laufen Kraftwerksplanungen.
Osttirols Wasser als Geldmühle für Gemeinden, Osttirols Strom zum Handeln für die TIWAG?
Quo vadis, Osttirol?

Aktuelle Ergänzung:

Was ein langjähriger Kenner Osttirols zum ökologischen Bewußtseinsstand in der Nationalparkregion anzumerken hat: Rainers Osttirol-Sicht.