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Tauernbach: Unsinniges Kraftwerk kann überregionale Versorgung gefährden

Der Verein Erholungslandschaft Osttirol lud zu einem Pressegespräch über das Tauernbach-Kraftwerk der TIWAG; im März 2017 hatte die TIWAG hierfür die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) beantragt.

Das Projekt sieht die Ausleitung des Tauernbaches bei den Schildalmen vor. Die Ausbauwassermenge ist mit 9,0 m³/s, die Bruttofallhöhe mit 380,2 Meter und seine Engpassleistung mit 27,1 MW beschrieben. Der Triebwasserweg bis zum Krafthaus unterhalb von Gruben wäre etwa 8,4 km lang.


Murbrüche im Tauerntal bei RaneburgSchon in unserem Beitrag vom 10. 3. d.J. schilderten wir die stromwirtschaftliche Fragwürdigkeit dieses Wasserkraftwerk-Projektes, bedingt durch die winterliche Wasserarmut dieses Gletscherbaches, der nur 9 Prozent seines Wassers im Winterhalbjahr abfließen lässt, aber 91 Prozent im Sommer - und das hauptsächlich in den drei Monaten Juni, Juli und August - ein "Hochsommerkraftwerk" also.

Nunmehr aber waren durch die Teilnahme am UVP-Verfahren Einsichten in die Planungsunterlagen und damit neue Einblicke möglich, die eine weitere, äußerst bedenkliche Seite dieses Kraftwerksbaues der TIWAG offenbarten: sein Gefahrenpotenzial.


Gefahrenzonen-Karte der Tiroler LandesregierungDas Tauerntal hat sehr hohe und steile Talflanken mit Wildbach-, Muren- und Lawinenstrichen. Seine Hänge sind nicht allzu stabil.
In diesem vielerorts äußerst engen Tal drängen sich bereits die drei großen Stränge Felbertauernstraße (eine „Lebensader“ Osttirols), die 380 kV-Leitung (Versorgung weiter Teile Österreichs) und die transalpine Ölleitung T.A.L. (Versorgung weiter Teile Mitteleuropas). Auch das Hauptkabel der Telekom liegt noch dazwischen.

Die Druckrohrleitung dieses Kraftwerksprojektes Tauernbach führt durch Wildbachstriche und Lawinengebiete; sie kreuzt zweimal die T.A.L. in einem Abstand von „mindestens einem Meter“ und soll in ihrem dritten Abschnitt in der Felbertauernstraße vergraben werden – laut Plan und Beschreibung über 700 Meter. Das Krafthaus will die TIWAG unmittelbar unterhalb („direkt südlich“) der Pumpstation der Transalpinen Ölleitung errichten; dieser Bereich ist Seveso III Gebiet.

Ein zusätzliches großtechnisches Projekt wie dieser Wasserkraftbau kann zusätzliche Gefahren schaffen. Während der Errichtung der Anlage sind massive Bau- und Erdbewegungsarbeiten nötig; hierdurch, aber auch im Normalbetrieb erhöht sich das Gefahrenpotential auch für die schon bestehenden Anlagen.


Gedrängte überregionale Versorgungstränge im TauerntalEin starker weiterer technischer Eingriff wäre das gleichzeitig geplante Projekt „Rad-und Wirtschaftsweg Matreier Tauernhaus“. Dieses Projekt sieht eine Verbreiterung bisher bestehender Feldwege auf insgesamt vier Meter, deren Asphaltierungen und den Ausbau der Brücken von derzeit 12 Tonnen Tragfähigkeit auf 40 Tonnen vor. Es steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Kraftwerksprojekt Tauerntal, für welches es – auch zur Entlastung der Felbertauernstraße – vorgesehen ist. Auch diese Straße und die Bauarbeiten an dieser Straße sind geeignet, die Sicherheit des Tales und der Unterlieger zu gefährden; zudem wird dadurch auch der knappe Lebens- und Wirtschaftsraum der Bewohner geschmälert.

Das Projekt Kraftwerk Tauernbach-Gruben schädigt also auch die regionale Wirtschaft und darüber hinaus Tourismus und Erholung, da es ein ganzes Tal der Nationalparkregion Hohe Tauern in Mitleidenschaft zöge. Darüber hinaus schafft es Gefahren, die weit über die Bezirksgrenzen hinausreichen. Es riskiert die Beeinträchtigung von zwei überregionalen Versorgungssträngen und einer internationalen Erdöl-Pipeline.

Der Verein Erholungslandschaft Osttirol fordert das Ende solcher Kraftwerksbauten in Osttirol.

Mögliche Beweggründe für die Verfolgung eines solchen stromwirtschaftlich unsinnigen Kraftwerkes (mit dem Risiko regionaler und auch weit überregionaler Schäden) könnten besondere wirtschaftliche Umstände einer größeren Gemeinde im Iseltal sein.

Schon seit dem Jahre 2009 rechnete Matreis Bürgermeister Köll mit "einmaligen Entschädigungszahlungen für das geplante Kraftwerk Tauernbach"; in ebenfalls diesem Jahr sah die Marktgemeinde Matrei nach einer Anfrage des Rechnungshofes im "Laufkraftwerk der TIWAG am Tauernbach" eine "mögliche Zukunftsperspektive" für die Gemeindefinanzen; vor der Gemeinderatswahl 2010 stellte BM. Köll fest: "Über das Kraftwerk sollen Matreis Bankschulden auf Null fallen". Und im April 2017 wird über die Finanzlage Matreis berichtet und darüber (letzter Absatz), dass auch hier das Kraftwerksprojekt Tauernbach wieder mit im Spiel ist.

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Einige Medienberichte zur Pressekonferenz des Vereins Erholungslandschaft Osttirol:
DOLOMITENSTADT, Tiroler Tageszeitung, Kleine Zeitung, ORF.

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